Allein durch Kanada zu reisen war nicht nur mein größter Traum, sondern auch mein größtes Abenteuer bisher. Die Natur Kanadas hat mich schon immer beeindruckt und angesprochen. Ich wollte all das unbedingt einmal live sehen und vor allem erleben. Also traf ich auf einem Berg in Costa Rica die Entscheidung allein durch Kanada zu reisen.
Keine zwei Wochen später hatte ich mein Visum beantragt und es konnte quasi losgehen. Ich startete meine Reise in Toronto. Von dort aus ging es erst einmal zu zweit mit einem Wohnmobil von Toronto bis Vancouver Island, denn mein Freund begleitete mich am Anfang. Mit Vancouver Island hatte ich wohl direkt zu Beginn eines der schönsten Fleckchen in Kanada gefunden. Die endlosen Strände und Küsten waren perfekt um einfach die Seele baumeln zu lassen. So hatte ich es mir in meinen Träumen vorgestellt. Ich saß allein auf den Felsen in einer Bucht und schaute auf’s Meer. Diese Schönheit saugte ich auf wie ein Schwamm und ich wusste, ich konnte davon unmöglich jemals genug bekommen.
In Vancouver angekommen hieß es dann Abschied zu nehmen. Und ganz ehrlich? Das war wohl das Schwerste an der ganzen Reise. Als die letzte Person die ich dort kannte durch die Sicherheitskontrolle verschwand, stand ich da: Allein am Flughafen, ohne Ticket. Ich wusste, dass mein handeln jetzt der Knackpunkt war, den ich überwinden musste. Also lief ich direkt bis zum Skytrain und fuhr in Richtung Stadt. Allein durch Kanada… Jetzt ging es also wirklich los. Im Zug schaute ich aus dem Fenster auf die große Stadt, die vor mir lag. Auf Abenteuer die kommen würden, Menschen denen ich begegnen würde. Eine Sache hatte ich die ganze Zeit dabei nicht: Angst. Ich hatte keine Sorgen, keine Ängste und es kostete mich nicht viel Mut, auch wenn ich tausende Kilometer getrennt war von all meinen Lieben und dem, was ich kannte. Ich verspürte nur positive Aufregung auf alles, was kommen sollte. So viel hatte ich schon vorher von diesem Land gelesen, auf Fotos und Videos gesehen. Ich war bereit es nun endlich selbst zu erleben.
Die ersten Tage brauchte es etwas Zeit um mich an’s allein sein zu gewöhnen. Ich plante eifrig meine Routen für die nächsten Tage. Endgültig angekommen war ich, als ich meine Wanderschuhe anzog und beim Lynn Canyon wandern ging. Da war er plötzlich. Dieser Moment an dem mir klar war: ,,Ja! Genau das wollte ich immer!“ Ab diesem Tag war ich jeden Tag woanders. Strand, Berge, Küste, Downtown. Ich fing an, es zu genießen wie die Einheimischen mit dem Bus zum Supermarkt zu fahren und der Busfahrer grüßte mich bereits jeden Morgen herzlich. Ich trank fast jeden Morgen meinen Kaffee in einem der kleinen Cafés in Nordvancouver und hatte das Gefühl, es könnte ewig so weitergehen. Doch Vancouver war nur eine weitere Station auf meinem Weg. Mit meinem großen Rucksack auf dem Rücken lief ich zum Bus. Ich merkte schnell, dass der Rucksack viel zu schwer war. Typischer Anfängerfehler. Man packt alles in diesen blöden Rucksack, weil man es vielleicht noch einmal brauchen könnte. Doch man braucht insgesamt doch extrem wenig auf einer solchen Reise. Mit dem Greyhound-Bus ging es dann weiter nach Whistler. Der Sea to Sky Highway zeigte sich an diesem Tag von seiner besten Seite. Das Meer auf der einen Seite und die Berge auf der anderen. Kleine, vorgelagerte Felsen und Inseln. Wälder und die tiefe Wildnis Kanadas. Wie konnte man das überhaupt noch toppen?
In Whistler angekommen ging es erst einmal zur nächsten Unterkunft. Ich hatte nur ein paar Tage vorgebucht und wollte dann sehen wohin es mich weiter verschlägt. Whistler hatte einen unglaublichen Charme. Man spürte nichts mehr von der Großstadt, in der ich mich gerade noch befand. Whistler war das absolute Gegenteil. Ein kleiner, charmanter Ort am Fuße von zwei mächtigen Bergen. Ich erkundete den Ort und lernte schnell jemanden kennen, der ebenfalls alleine dort unterwegs war. Und plötzlich war man gar nicht mehr so allein. Plötzlich hatte man jemanden, mit dem man Unternehmungen machen konnte. Mit meiner neuen Bekanntschaft gab es dann also regelmäßig guten Kaffee und gute Gespräche. Sie zeigte mir auch Ecken, die ich noch gar nicht kannte und wir verbrachten viel Zeit an einem der unzähligen Seen, die es rund um Whistler gab. Ich lernte das leichte Leben Kanadas kennen und lieben und entschied mich länger als vorher gedacht in Whistler zu bleiben.
Das leichte Leben ließ mich fast vergessen, dass da noch eine Sache war, die ich ausprobieren wollte: Arbeiten in Kanada. Vorab schon hatte ich mein Work & Travel Visum beantragt. Also ging ich auf Jobsuche. Diese gestaltete sich schwieriger als gedacht, denn viele Jobs waren für eine ganze Saison ausgeschrieben. Da ich aber nicht die ganze Saison da bleiben konnte, weil Zuhause berufliche Termine auf mich warteten, hagelte es Absagen. Nach einigen Versuchen ergatterte ich einen Job in einem kleinen Fotogeschäft. Ich bemühte mich eine Wohnung in Whistler zu finden, aber auch diese Suche blieb erfolglos. Allein durch Kanada zu reisen war also auch immer wieder eine Herausforderung. Doch diese machen Dich stärker. Die Wochen vergingen und irgendwann sollte es dann doch weiter gehen. Ich buchte mir ein Zugticket von Vancouver nach Edmonton, mit dem Ziel nach Banff zu gelangen. Zudem ein paar Hotels (da diese in der Region schnell ausgebucht sind) und einen Mietwagen. Doch natürlich musste etwas schief gehen. Mein Zug hatte 10,5 Stunden Verspätung. Meine Hotel- und Mietwagenbuchungen konnte ich nicht mehr passend erreichen und ich hätte die Nacht allein in Vancouver am Bahnhof verbringen müssen. Die meisten meiner kurzfristigen Buchungen konnte ich nicht kostenfrei stornieren und die ganze Aktion ging mächtig ins Geld. An diesem Punkt endete meine Reise schlagartig und ich entschied mich, mit einem lachenden und einem weinenden Auge zurück nach Frankfurt zu fliegen. Natürlich war ich traurig, dass ich nun manche Orte nicht mehr sehen konnte. Aber ich wusste, dass dies nicht meine letzte Reise nach Kanada war und ich zurück kommen würde. Das Gefühl allein durch Kanada gereist zu sein, konnte ich am Ende mit Stolz und Dankbarkeit beschreiben. Dankbarkeit für die Chance so eine Reise, ganz allein durch Kanada, erlebt zu haben.
Du möchtest auch allein durch Kanada reisen?
Hier kommen meine besten Tipps:
Tipps zum Mutig sein und Ängste überwinden:
– Routinen schaffen: Z.B. regelmäßig Kaffe trinken im Kaffe. Routinen sorgen dafür, dass du dich schnell heimisch fühlst und weißt, was dich am nächsten Tag erwartet. Du schaffst dir damit eine Beruhigung des sonst abenteuerlichen Lebens als Alleinreisender.
– Die Frage nach dem Warum: Wieso hast du dich dafür entschieden diese Reise zu machen? Was sind deine Ziele? Setze dir Ziele und versuche diese auch zu erreichen. Der Stolz nach jedem erreichten Ziel wird dir das Heimweh vertreiben.
– Suche dir Bekanntschaften: Bei Facebook gibt es unzählige Gruppen, in denen du gleichgesinnte findest. Trefft euch auf einen Drink oder erkundet zusammen die Gegend!
Fortbewegungsmöglichkeiten in Kanada:
– Greyhound Bus
– Zug
– Flugzeug
– Mietwagen
Einreisebestimmungen für Kanada:
Du darfst dich bis zu 6 Monate lang in Kanada aufhalten ohne ein Visum zu beantragen. Wenn du arbeiten möchtest oder als Farmhelfer nach Kanada willst, dann benötigst du ein Work&Travel Visum. Dieses kannst du auf der Seite vom Government of Canada beantragen. Dort findest du auch viele weitere Tips und Hilfe, für deinen Start in Kanada. Zur Einreise mit dem Flugzeug benötigst du das ETA Verfahren. Dieses kannst du online beantragen.
Die besten Sehenswürdigkeiten in Vancouver habe ich Dir in einem weiteren Artikel bereits zusammengefasst.
Danke für diesen tollen Bericht! Er ist so ehrlich geschrieben, ich bin beeindruckt, oft erfährt man ja nur die schönen Erlebnisse und nicht, was schief gegangen ist. Viele Grüße, Andrea