Dieser Artikel wird emotional. Auf verschiedene Art und Weise. Doch es wird kein Artikel, der eine unheilbare Krankheit als etwas beschreibt, was dein Leben zerstört. Ganz im Gegenteil. Wenn du nach dem Lesen des Artikels das Gefühl bekommst, dass ein Lipödem dich nicht aufhalten kann, dann habe ich mein Ziel erreicht! Du willst wissen, wieso die Diagnose auch ein Anfang sein kann und nicht eine unüberwindbare Hürde? Dann lies weiter!
Ich liebe es in der Natur zu sein. Reisen sind meine Leidenschaft. Als Fotografin bin ich am liebsten draußen unterwegs. Ich wandere zu den schönsten Fotospots und lebe ein freies Leben. Doch auf Wanderungen fällt eine Sache immer wieder auf: Ich brauche Pausen. Nach einigen Minuten schon plagen mich Schmerzen in den Beinen. ,,Das sind wohl die Muskeln“, schießt es mir immer durch den Kopf. Ich bin keine super Sportlerin und bin einfach nicht genug trainiert. Doch seit ich in der Pubertät bin war ich immer wieder im Fitnesstudio angemeldet, habe Kurse gemacht und gehe leidenschaftlich gern Spazieren und Wandern. Ich fahre nicht gern Fahrstuhl, also nehme ich immer die Treppe. Egal ob 2. oder 6. Stock. Doch woher kommen diese Schmerzen bei Bewegung? Wieso tun mir die Beine am Abend immer so weh, dass ich sie hochlegen muss? Und selbst das Hochlegen hilft nicht. Wieso kann ich nach einer Wanderung Abends nicht einschlafen vor Schmerzen in den Beinen? Wieso sind meine Beine Abends im Herbst und Winter immer kalt und ohne Wärmflasche kann ich sie nicht warm halten? Und verdammt nochmal: Woher kommen diese Dellen und wieso gehen sie nicht weg, wenn ich ständig im Fitnesstudio die Muskeln aufpumpe wie verrückt? Wieso bin ich überhaupt so unförmig? Meine Beine und mein Po sind doppelt so breit wie meine Taille und meine Oberarme explodieren förmlich.
All diese Fragen im Kopf sind auf Dauer ganz schön anstrengend. Es wird nicht besser, wenn man die ganzen Blicke bemerkt die zunehmend auf mir lasten. Ich bin Fotografin. Ich blogge über Reisen und die nordischen, wilden Länder und Landschaften. Ich zeige mich auf Fotos aktiv und auf Wanderungen. Doch was kaum jemand sieht, ist die Anstrengung die für mich damit verbunden ist. Doch warum ist das so? Was ist es, was mir das Leben so schwer macht?
Ein Lipödem begleitet mich seit meiner Pubertät! Es ist zu einem Teil von mir geworden. Am Anfang unbewusst. Später dann, mit 27 Jahren bekam ich die Diagnose. Ein Lipödem ist eine schmerzhafte Fettverteilungsstörung. Krankhaftes Fett vermehrt sich in den Beinen und Armen. Manchmal sind nur die Beine betroffen. Manchmal aber auch noch die Arme. Bei mir ist es beides. Diese Körperregionen sind unverhältnismäßig dick. Durch Sport und Diäten kann die Krankheit nicht aufgehalten werden und das krankhafte Fett kann nicht abgenommen werden. Es verbleibt im Körper. Die Krankheit ist nicht heilbar. Abhilfe schaffen Kompressionsstrümpfe, die jeden Tag getragen werden müssen und Lymphdrainagen, die jede Woche durchgeführt werden. Die einzige Möglichkeit das Fett loszuwerden ist eine OP, die im Regelfall nicht von der Krankenkasse übernommen wird.
Wenn ich auf Reisen bin dann weiß ich, dass ich wieder jeden Tag unterwegs sein werde. Klar sind Urlaube am Meer und Entspannung am Pool eine tolle Sache. Aber das ist nicht das, womit ich mich wohl fühle. Und das liegt nicht nur an den dicken Beinen. Ich liebe diese wilde Natur und ich mag die Kälte. Doch jeder Tag auf einer solchen Reise bedeuten für mich Anstrengung und Schmerzen. Doch warum tue ich mir das ganze dann an?
ICH WILL LEBEN!
Das ist was ich will!
Ich habe eine Krankheit von der ich bis zu meinem 27. Lebensjahr nichts wusste! Durch diese Krankheit musste ich mit Vorurteilen klar kommen, gegen Schmerzen ankämpfen und bin trotz des vielen Arbeitsaufwandes beim Thema Abnehmen und Sport immer wieder gescheitert. Ich bin gescheitert und immer wieder aufgestanden. Die Diagnose war erschreckend und sie war eine Erleichterung! Ich wusste endlich sicher, was mein Körper mir schon so viele Jahre versuchte zu sagen. Und ich habe extrem Glück: Glück, weil ich noch in der Lage bin all das zu tun was ich liebe!
Ich KANN Reisen! Ich KANN wandern! Ich KANN fotografieren! Ich KANN kämpfen! Ich KANN den Schmerz aushalten! Ich KANN mich bewegen! Ich KANN geliebt werden! Ich KANN LEBEN!
Es gibt Frauen, bei denen das Lipödem so weit fortgeschritten ist, dass sie starke Einschränkungen erleben müssen. Doch so lange ich den Schmerz aushalte, die Blicke ertragen kann und ich selbst sein kann, werde ich das tun!
Dieser Blogbeitrag verdient kein Mitleid! Ich verdiene kein Mitleid! Ein Lipödem muss kein Leben bestimmen! Wenn Du auch betroffen bist, dann lass mich Dir eins sagen: Zweifel nicht an Dir! Verstecke Dich nicht! Lass dich von der Diagnose nicht aufhalten! Zeig dir selbst und allen anderen, wie stark Du bist!
DU KANNST!
Ende der Geschichte!
Hey!
Ich finde deinen Artikel suuuuuper! Großes Kompliment!
Und ich fühle mit dir. Ich habe ein primäres Lymphödem an den Füßen/Beinen. Kompressionsstrümpfe und Lymphdrainage gehören auch zu meinem Leben. Gerade vor langen Flügen mache ich mir oft extreme Gedanken wie sich das wohl auf meinen Körper auswirkt, ob ich vielleicht Probleme bekomme, was ich dann vor Ort machen soll und und und. Ein bissl Angst ist immer dabei und es ist nicht immer leicht aber ich sehe das genau wie du – ich will leben und ich bin nicht meine Krankheit!
Halt die Ohren steif Jessie und lass dich niemals unterkriegen! <3